Angst verstehen und bewältigen
Das Gefühl "Angst"
Unser alltäglicher Sprachgebrauch ist voller Redewendungen rund um das Thema Angst. Nur ein paar Beispiele, um dies zu verdeutlichen.
- "Sich vor Angst in die Hosen machen."
- "Vor Angst erstarren."
- "Mein Herz rast."
- "Kalte Füsse bekommen."
- "Im Angstschweiss gebadet."
Angst gehört zu unserem Leben. Ja mehr noch: Angst hat unser Überleben ermöglicht. Dank dieses autonom ablaufenden Programmes haben wir - respektive unsere Urahnen - den Widrigkeiten in einem gefährlichen Umfeld trotzen können.
Angst ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf Bedrohungen. Wenn wir Angst verspüren, hat der Sympathikus die Kontrolle übernommen. Er erhöht dann automatisch den Blutdruck, die Herz- und Atemfrequenz und reduziert zum auf der anderen Seite die Darm- und Blasentätigkeit. So machen uns die sympathischen Anteile des vegetativen Nervensystems bereit für die Flucht oder den Kampf - unter gewissen Umständen erstarren wir auch. Der berühmte "Fight, Flight, Freeze"-Modus ist dann aktiv. Alle körperlichen "Symptome", die wir dann wahrnehmen, sind getrieben von der gesteigerten Aktivität des Sympathikus.

Was wir wahrnehmen, ist das Gefühl der Angst. Hinter dem Gefühl verbirgt sich allerdings eine Emotion.
Die Emotion "Angst"
Wenn unsere psychische und/oder physische Unversehrtheit bedroht ist, wird das emotionale Programm namens Angst gestartet. Wie jede Emotion, so entsteht auch die Angst im limbischen System. Insbesondere die Amygdala als Alarmzentrum wird dann besonders aktiv.
Die Absicht dahinter ist ausschliesslich positiv. Die Emotion respektive das Gefühl mag zwar unangenehm sein, aber die Absicht ist gut. Letztlich will das unbewusste Programm (die Emotion "Angst") uns schützen. Es erfüllt das Bedürfnis nach Sicherheit oder zumindest nach Schadensbegrenzung.
Wenn die Amygdala richtig Alarm schlägt, "entführt" sie sprichtwörtlich unseren Verstand. Der präfrontale Cortex (PFC) - der Sitz unseres rationalen Verstandes - wird ausser Gefecht gesetzt. Ein sinnvolles Denken und Planen ist dann nicht mehr möglich. Das macht evolutionär auch absolut Sinn. Wenn ich einem Löwen begegne, ist nicht empfehlenswert in aller Ruhe die Pro's und Kontra's abzuwägen...

In der heutigen Umgebung kommt uns das unbewusste emotionale Programm der Angst jedoch manchmal in die Quere. Prüfungs- oder Auftrittsangst, Angst vor Hunden oder Spinnen, Flugangst, Platzangst und und und
Umgang mit Angst
Da Angst als Emotion im limbischen System ausgelöst wird, ist sie für die Sprache nicht zugänglich. Gut gemeinte Tipps ("Du brauchst keine Angst zu haben") laufen deshalb ins Leere.
Gewisse Angstreaktionen sind angeboren, andere sind erlernt. Wir sollten uns keinesfalls zum Ziel setzen jegliche Angst loszuwerden. Ich wiederhole noch einmal: Angst hat eine positive Absicht und erfüllt eine wichtige Funktion. Wenn die Emotion Angst hingegen dysfunktional wird, kommt sie uns in die Quere und wir sollten etwas dagegen unternehmen.
funktionale Angst versus dysfunktionale Angst
"Ich habe morgen eine Präsentation in der Geschäftsleitung und habe noch nichts vorbereitet. Das macht mir Angst."
Diese Angst ist funktional, denn sie wird dazu führen, dass ich mich noch bestmöglich vorbereite und so bei der Präsentation psychisch unversehrt bleibe oder zumindest den Schaden begrenzen kann. Eine solche funktionale Angst soll unbedingt erhalten bleiben.
"Ich habe mich akribisch und wochenlang für die morgige Präsentation in der Geschäftsleitung vorbereitet. Ich bin auf diesem Gebiet der absolute Experte und weiss mehr, als alle Anwesenden. Dennoch habe ich Panik, wenn ich nur schon an morgen denke"
Diese Angst ist dysfunktional und hemmt respektive blockiert den Betroffenen. Deswegen sollten Massnahmen ergriffen werden, um die dysfunktionale Angst zu lösen und wieder in ihre Funktion zu bringen.
Umlernen
Viele der Ängste, die uns limitieren, sind durch Konditionierung bewusst oder unbewusst erlernt. Unser Gehirn kann aber zum Glück umlernen. Insbesondere Amygdala und Hippocampus (zentral für Gedächtnisprozesse) müssen "umprogrammiert" werden. Durch passgenaue Coachinginterventionen lernen diese zentralen Strukturen des limbischen Systems, dass sie im vormals beängstigenden Kontext "sicher" sind.