Hippocampus - der Bibliothekar in unserem Kopf
Was ist der Hippocampus?
Der Hippocampus liegt im inneren Teil des Temporallappens. Wir haben in unserem Gehirn zwei Hippocampi. Diese Strukturen gehören zum limbischen System und spielen Gedächtnisprozessen eine zentrale Funktion. Den Namen hat diese faszinierende Struktur bekommen, weil sie in ihrem Äusseren einem Seepferdchen gleicht.

Die Funktionen des Hippocampus
Der Hippocampus gilt als Organisator des deklarativen Gedächtnis. Seine wesentlichen Funktionen:
- Er hilft bei der Bildung neuer Erinnerungen und dem Erlernen neuer Informationen.
- Er ist an der räumlichen Orientierung beteiligt und ermöglicht es uns, uns in unserer Umgebung zurechtzufinden, indem er kognitive Landkarten erstellt.
- Er spielt eine Rolle bei der Verknüpfung von Emotionen mit Erinnerungen, was zu emotionalen Reaktionen auf bestimmte Ereignisse führen kann.
Man kann die Hippocampi mit einem Bibliothekar vergleichen. Dieser erzeugt einen neuen Eintrag eines multisensorischen Erlebnisses, archiviert dieses als ein Ganzes und ruft es bei Bedarf wieder ab. Auf diese Weise organisiert der Hippocampus die zentrale Rolle, wenn es um den Transfer von Informationen vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis geht.

Der Hippocampus und Gedächtnisstörungen
Ist der Hippocampus beschädigt oder gar zerstört, kann die betroffenen Person keine neue Erinnerungen mehr im deklarativen Gedächtnis (episodische und semantische Inhalte) abzuspeichern. Die bereits vor der Schädigung vorhandenen Gedächtnisinhalte können aber nach, wie vor abgerufen werden. Da der Gedächtnisverlust vorwärtsgerichtet ist, spricht man in diesem Fall von einer anterograden Amnesie.
Ausserdem können bei Störungen des Hippocampus' Emotionen nicht mehr richtig eingeordnet werden. Es kann also zum Beispiel sein, dass eine betroffene Person Angst verspürt, aber nicht weiss, weshalb. Die Emotion kann nicht mit einer Erinnerung verknüpft werden.
Henry Molaison (wurde berühmt als Patient H.M.) musste sich 1953 wegen starker epileptischer Anfälle einer Operation unterziehen. Nach der Entfernung seiner Hippocampi verschwanden die epileptischen Anfälle - aber auch seine Fähigkeit neues Wissen und neue Erinnerungen zu speichern.
Eine der bekanntesten Erkrankungen ist die Alzheimer-Krankheit, eine degenerative Krankheit im Bereich des Parietal-, Temporallappens und des Hippocampus'. Die Folgen dieser degenerativen Veränderungen sind Gedächtnisverlust, Vergesslichkeit und Sprachstörungen. Allesamt Funktionen, die mit dem deklarativen Gedächtnis im Zusammenhang stehen.
Der Hippocampus und Stress
Eine Stressreaktion des Körpers ist unter anderem eine erhöhte Cortisol-Ausschüttung. Dies ist kurzfristig sinnvoll, da auf diese Weise sowohl der Muskulatur als auch dem Gehirn schnellere und mehr Energie zur Verfügung steht. Ein zu hoher Stress- und damit Cortisollevel würde aber Zellen des Hippocampus' irreversibel schädigen. Dies wiederum versucht der Hippocampus zu verhindern und schaltet sich quasi ab. Er geht in den Offlinebetrieb - die Folge ist das weitläufig bekannte Blackout.

Den Hippocampus clever einsetzen - Gedächtnistipps
Unser Gehirn - also auch die Hippocampi - sind neuroplastisch. Die Strukturen können sich permanent stets verändern. Training führt zu positiven Effekten, Alterung oder Nichtbenutzung führen zu negativen Effekten.
Um den Hippocampus in seiner Funktion zu unterstützen und zu trainieren, gibt es an dieser Stelle noch ein paar kleine Tipps:
Guter Schlaf
Unser Bibliothekar im Kopf verrichtet seine Arbeit dann am besten, wenn wir uns in einer Tiefschlafphase befinden. Aus diesem Grund ist guter Schlaf unverzichtbar, wenn es um die Konsolidierung von neuen Gedächtnisinhalten geht.

Mnemotechniken
Eselsbrücken erleichtern uns das Lernen und behalten, weil Lerninhalte mit anderen sensorischen Reizen kombiniert werden. Wenn ich einen komplizierten neuen Fachausdruck mit einem phantasie- und sinnvollen Bild verbinde, hat der Bibliothekar bildlich gesprochen mehr VErweise in seiner Bibliothek, die letztlich zum Lerninhalt (hier der komplizierte Fachausdruck) führen. Wir schaffen eine multimodale Erinnerung und damit ein stärkeres neuronales Netzwerk.
Auch die Loci-Methode funktioniert auf ähnliche Weise, indem sie Lernhinhalte mit räumlichen Vorstellungen oder mit Körperbriefkasten verbindet.
Nasenatmung
Atmen wir durch die Nase ein, wird der Hippocampus neuronal stärker aktiviert. Dies führt dazu, dass wir uns Lerninhalte während des Einatmens signifikant besser merken können, als während des Ausatmens. Beim Atmen durch den Mund konnte die Forschung keine ähnlichen positive Wirkungen feststellen.